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Telemedizin: Datenschutz bei Videosprechstunden

Stand:
Seit 2020 spielen Videosprechstunden in der medizinischen Behandlung eine immer größere Rolle. Untersuchungen kritisieren den Datenschutz bei Telemedizin-Plattformen und Arzttermin-Portalen. Was können Sie tun und worauf müssen Sie achten?
Eine Ärztin spricht mit einer Patientin in einer Videosprechstunde

Das Wichtigste in Kürze:

  • die Telemedizin wird immer wichtiger.
  • Anbieter von Arzttermin-Portalen und Telemedizin-Plattformen setzen das Videosprechstundenangebot nicht immer verbraucherfreundlich und datenschutzkonform um.
  • Verbraucher:innen hinterlassen online Informationen, aus denen sich Ableitungen zum Gesundheitszustand ergeben können.
  • Schränken Sie in Ihrem Browser das Setzen von Cookies ein, stimmen Sie im Cookie-Banner nur notwendigen Cookies zu, nutzen Sie Gastzugänge und sprechen Sie bei Bedarf mit Ihren Ärzt:innen.
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Was ist Telemedizin?

Mit Telemedizin ist unter anderem die Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen gemeint, wenn sie räumlich getrennt sind. Das reicht von Videosprechstunden bis hin zu gesundheitlichen Messgeräten bei Ihnen zu Hause, auf die Ihr ärztliches Fachpersonal Zugriff hat.

Trotz räumlicher oder zeitlicher Distanz ermöglicht die Telemedizin es, beispielsweise Diagnostik, Konsultation und medizinische Notfalldienste anzubieten. Gerade in ländlichen Regionen und beim Fachärztemangel kann Telemedizin eine Möglichkeit sein, Patient:innen zu betreuen. Dabei nutzen Ärzt:innen und Patient:innen digitale Hilfsmittel wie Apps, Telemedizin-Plattformen und Arzttermin-Portale oder Videotechnologie.

Die telemedizinische Behandlung kann grundsätzlich alle Behandlungsbereiche abdecken. Eine Einschränkung auf bestimmte Indikationen ist in der kassenärztlichen Versorgung nicht vorgesehen.

Beispielsweise können im Rahmen einer Videosprechstunde auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) ausgestellt werden. Dabei ist es egal, ob Sie bereits Patient:in in der Praxis waren oder nicht. Als Neupatient:in kann das ärztliche Fachpersonal Ihnen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für maximal 3 Tage ausstellen. Für zuvor bekannte Patient:innen können AUs für 7 Tage ausgestellt werden. Für Folgebescheinigungen, also die erneute ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, gelten weitere Sonderregeln.

Podcast: Das Wichtigste zum Nachhören

Wir sprechen mit Daniela Hubloher (Verbraucherzentrale Hessen) über die Entwicklungen, Chancen und Limitierungen von telemedizinischer Behandlung.

Der Podcast ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geförderten Projekts entstanden.

Logo des BMUV

Videosprechstunden

Videosprechstunden zwischen Patient:innen und Ärzt:innen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ihre Bedeutung hat besonders seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen. Im Jahr 2019 wurden etwa 3.000 ärztliche Videosprechstunden abgehalten, im Jahr danach waren es bereits ungefähr 2,67 Millionen Gespräche und im Jahr 2021 fanden 3,5 Millionen Videogespräche statt.

Der Wegfall des Fernbehandlungsverbots ermöglichte dem ärztlichen Fachpersonal erst den Einsatz von Videosprechstunden. So haben seit Juni 2018 Patient:innen die Möglichkeit, Ärzt:innen auch virtuell zu konsultieren, selbst wenn sie zuvor nicht dort in Behandlung waren.

Auch wenn fast alle Arztgruppen Videosprechstunden anbieten dürfen, gibt es Ausnahmen. Folgende Gruppen, die keinen direkten Patientenkontakt haben, halten keine Videosprechstunden ab:

  • Laborärzt:innen
  • Nuklearmediziner:innen
  • Patholog:innen
  • Radiolog:innen

Wieso ist der Datenschutz bei Videosprechstunden wichtig?

Gesundheitsdaten sind besonders sensible Daten. Beispielsweise können allein aus der Wahl der Facharztrichtung Informationen zum Gesundheitszustand abgeleitet werden.

Um Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung via Video behandeln und darüber abrechnen zu können, müssen Ärzt:innen einen Videodienstleister nutzen, der gemäß den Vorgaben der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-SV) zertifiziert ist.

Dabei gehen die Anforderungen für den Video-Stream bezüglich Datenschutz und Datensicherheit in der sogenannten Anlage 31b des Bundesmantelvertrags der Ärzte über die Anforderungen in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinaus. Beispielsweise sind darin Werbung und die Weitergabe von Daten an Dritte untersagt.

Wie relevant der Datenschutz im Kontext von Gesundheitsdaten ist, unterstreicht auch die Online-Befragung vom Institut eye square im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) vom Dezember 2022 zum Thema Digitale Gesundheitsangebote:

76 %

schätzen den Datenschutz bei digitalen Gesundheitsangeboten als eher oder sehr wichtig ein.

49 %

sehen mangelhaften Datenschutz als einen Grund an, um digitale Gesundheitsangebote nicht zu nutzen.

Da die Benutzung von Videodienstanbietern in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und auch für die Zukunft der Gesundheitsversorgung eine Rolle spielen wird, ist es zentral, dass Anbieter das Videosprechstundenangebot auf ihrer Plattform verbraucherfreundlich und datenschutzkonform umsetzen und entwickeln.

Was Sie tun können

Als Verbraucher:in können Sie einiges unternehmen, um zumindest die Gefahr von Datenmissbrauch zu reduzieren. Oberstes Gebot ist dabei immer: Üben Sie Zurückhaltung bei der Weitergabe von Daten.

Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen:

  • Fragen Sie bei den eigenen Ärzt:innen nach ihrem Videosprechstundenangebot und melden sich dort direkt für eine Videosprechstunde an.
  • Nutzen Sie - wenn möglich - den Gastzugang bei Videosprechstundenanbietern. So werden weniger Daten gesammelt bzw. angegeben und die Profilbildung wird erschwert.
  • Informieren Sie sich auf unseren Seiten zu gesundheitlichen Themen und zu Datenschutz.
  • Achten Sie beim Cookie-Banner auf Internetseiten darauf, welche Cookies Sie zulassen. Beispielsweise ermöglicht es der Nervenschoner der VZ Bayern, weniger Datenspuren im Netz zu hinterlassen. Er lehnt alle technisch nicht notwendigen Cookies auf Webseiten automatisch ab und erlaubt dadurch auch ein ungestörteres Surfen im Netz.
  • Verwalten Sie die Cookies in Ihrem Browser, damit Unternehmen Ihr Surfverhalten nicht analysieren können. Löschen Sie beispielsweise regelmäßig Cookies, verwalten Sie die Cookie-Einstellungen oder erfahren Sie mehr in unserem Text "Cookies kontrollieren und verwalten: so geht's".
  • Mit Ihrem Recht auf Auskunft können Sie sich bei Unternehmen danach erkundigen, welche Daten sie über Sie gespeichert haben, woher sie die Daten haben und an welches Unternehmen sie die Daten weitergeleitet haben. Unser interaktiver Musterbrief hilft Ihnen dabei.
  • Sind Ihre Daten bereits im Umlauf, widersprechen Sie der Nutzung bei der verantwortlichen Stelle. Für Ihr Widerspruchsrecht bieten wir ebenfalls einen Musterbrief.

 

Untersuchungen zum Datenschutz bei Videosprechstunden

Das Instrument der Videosprechstunde ist generell eine sinnvolle Ergänzung für Verbraucher:innen, die mit 79 Prozent (sehr oder eher) zufrieden mit genutzten Videosprechstunden sind. Um dabei die richtigen Weichen für eine verbraucherfreundliche Ausrichtung von Videosprechstunden zu stellen, analysierte der vzbv den Datenschutz anhand der Datenschutzerklärung von Telemedizin-Plattformen und Arzttermin-Portalen.

Diese Studie ist im Rahmen des Projektes "Verbraucherschutz bei digitalen Gesundheitsangeboten" entstanden. Ziel des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) geförderten Projektes ist es, Verbraucher:innen vor Problemen im Zusammenhang mit neuen digitalen Angeboten zu warnen. Dafür sammelt der vzbv Probleme, Beschwerden oder Hinweise zu unseriösen Angeboten oder dubiosen Anbietern im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsangeboten.

Insgesamt wurden neun Plattformen für Videosprechstunden in die Untersuchung eingeschlossen, bei denen Verbraucher:innen die Initiative des Kontaktes, der zur Videosprechstunde führt, übernehmen. Das bedeutet, dass Patient:innen nicht von ihrer Arztpraxis einen Termin zur Videosprechstunde erhalten, sondern der Arztkontakt primär über den Videosprechstundenanbieter bzw. die Plattform hergestellt wird. Denn neben dem direkten Weg über eigene Ärzt:innen (59 Prozent), gelangen Verbraucher:innen über Arzt-Portale (33 Prozent) oder Telemedizin-Plattformen (22 Prozent) zum digitalen Gespräch.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen kritische Punkte hinsichtlich:

  • der Ausgestaltung der ausdrücklichen Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten, damit Verbraucher:innen informiert der Datenverarbeitung zustimmen können.
  • dem generellen Einsatz von Tracking-Anbietern für Marketingzwecke, Profiling, Social Media oder Nutzungsanalysen auf der Plattform, wenn diese mit Einwilligung der Betroffenen aktiviert werden.
  • der Nennung von Kategorien für Datenempfängern statt deren Namen, da dies verbraucherunfreundlich und intransparente Informationen sind.
  • der Information über die Speicherdauer der personenbezogenen Daten; zum einen haben einige Anbieter kein Löschkonzept bei längerer Account-Inaktivität, zum anderen wird die Speicherdauer gar nicht, vage oder zu lange angegeben.

Als Konsequenz der vorliegenden Ergebnisse mahnte der vzbv drei Anbieter ab und prüft weitere rechtliche Schritte. In allen Fällen zeigten sich die Anbieter einsichtig und die Verfahren wurden außergerichtlich durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung beendet.

Außerdem stellt der vzbv auf Basis der vorliegenden Ergebnisse folgende Forderungen auf:

  • Anbieter von Videosprechstunden müssen eine ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten einholen.
  • Der Gesetzgeber sollte Verbraucher:innen besser vor Tracking/Profiling im gesundheitlichen Kontext schützen.
  • Anbieter von Videosprechstunden sollten auf nicht notwendige Drittanbieter für Tracking und Profiling zu Marketingzwecken/Analysen auf ihrer Plattform verzichten.
  • Anbieter von Videosprechstunden sollten einen Gastzugang zur Videosprechstunde anbieten.
  • Anbieter von Videosprechstunden sollten ein Löschkonzept bei Nichtnutzung des Accounts definieren.
  • Anbieter von Videosprechstunden sollten Drittanbieter in der Datenschutzerklärung namentlich benennen, statt lediglich Empfängerkategorien aufzuführen.
  • Anbieter von Videosprechstunden müssen transparente Informationen zur Speicherdauer oder nachvollziehbare Kriterien zur Festlegung der Speicherdauer bereitstellen.

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Der vzbv führt die Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) nicht weiter. Kund:innen können die ihnen zustehenden Zinsen nun einfordern.