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Werbung mit Gesundheit - meist zu viel versprochen

Stand:
Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln werben mit schnellen Erfolgen oder der Heilung gesundheitlicher Beschwerden. Aber was ist erlaubt und was unseriöse Werbung?
Eine Apothekerin greift in ein Medikamenten-Regal

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gesundheitsbezogene Aussagen für Nahrungsergänzungsmittel müssen wissenschaftlich geprüft und von der EU zugelassen sein. Die Prüfung zahlreicher Aussagen zu Pflanzenprodukten ist jedoch noch nicht veröffentlicht.
  • Gesundheitsbezogene Aussagen dürfen keine Heilung von Krankheiten versprechen oder den Eindruck erwecken, dass herkömmliche Lebensmittel zur Nährstoffversorgung nicht ausreichen.
  • Seien Sie bei unrealistischen Erfolgsversprechen und vor allem bei Verkauf über das Internet, Postwurfsendung oder Direktvertrieb misstrauisch.
  • Fragen Sie vor dem Kauf in der Arztpraxis Ihres Vertrauens, in der Apotheke oder bei der Verbraucherzentrale, wie seriös die Werbeversprechen sind.
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Werbung mit Gesundheitsversprechen - nur wenig ist erlaubt

Ob im Internet, in Zeitschriften, Funk, Fernsehen oder über Mundpropaganda, die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln lassen keine Möglichkeit aus, um ihre Produkte als unverzichtbar anzupreisen. Oft schüren sie die Angst der Kund:innen vor Vitamin- und Mineralstoffmangel und Krankheiten oder versprechen schnelle Erfolge beim Sport, Abnehmen oder Hilfe bei Impotenz. (Angebliche) redaktionelle Beiträge unterstützen das teilweise noch. Daraufhin greifen viele Menschen zu angebotenen Pillen und Pülverchen. Zahlreiche Produkte sind jedoch bestenfalls überflüssig und schlimmstenfalls gesundheitlich bedenklich. Um dem Wildwuchs an nicht belegten Gesundheitsversprechen ein Ende zu bereiten, hat die EU 2006 die so genannte Health-Claims-Verordnung (HCVO), eine Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben erlassen.

Danach gilt grundsätzlich: Die gesundheitsbezogenen Aussagen zu einem Produkt müssen dem von der EU zugelassenen Wortlaut entsprechen. Auch muss der Anbieter immer die Substanz nennen, auf die sich das Versprechen bezieht. Die Hersteller können die Zulassung von gesundheits- und nährwertbezogenen Aussagen für bestimmte Substanzen in ihren Produkten beantragen. Die Europäische Behörde für

Lebensmittelsicherheit (EFSA) prüft, ob ausreichend Belege für die versprochenen Wirkungen vorliegen. Zahlreiche beantragte Aussagen sind jedoch noch nicht bewertet. Das gilt für fast alle pflanzlichen Stoffe wie Ginseng oder Maca-Wurzel, die so genannten Botanicals. Hat der Hersteller vor dem 19.01.2008 bei der EU einen Antrag auf Zulassung einer Aussage gestellt, kann er sein Produkt mit dem entsprechenden Stoff bis zur abschließenden Prüfung weiterhin mit der Aussage bewerben.

Mehr als 250 Aussagen, überwiegend Werbung für Vitamine und Mineralstoffe, nahmen seitdem die Hürde und wurden von der EU zugelassen. Welche das sind, finden Sie in den Texten zu den einzelnen Zutaten (über Suche). Hersteller, die ihren Produkten bestimmte Mengen der Substanzen zusetzen, dürfen zum Beispiel mit folgenden Aussagen werben:

  • "Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei"
  • "Beta-Glucane tragen zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei"
  • "Weizenkleie trägt zur Beschleunigung der Darmpassage bei"

Das gilt für alle Arten von Lebensmitteln, also auch für Nahrungsergänzungsmittel. Für die besonders schutzwürdige Zielgruppe Kinder gibt es spezielle Claims, so genannte Kinderclaims, die die Entwicklung und das Wachstum von Kindern berücksichtigen. Die so genannte Health-Claims-Liste wird seither fortlaufend erweitert.

Wichtig: Ein zugelassener Health Claim wie "Vitamin B6 trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei" bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Nahrungsergänzungsmittel gesund oder eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans für jeden wäre. Die zugelassenen Claims beziehen sich in der Regel auf Nährstoffe, die normale Lebensmittel bei normalem Bedarf und einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung in ausreichender Menge liefern. Eine Zufuhr über den Bedarf des Nährstoffs hinaus geht nicht mit einer zusätzlichen oder verbesserten Wirkung einher, kann hingegen in bestimmten Fällen sogar schaden.

Werbung mit Gesundheitsversprechen - so nicht

Für viele eingereichte Aussagen konnten die Hersteller keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege erbringen. So sind seit 2012 beispielsweise folgende Aussagen nicht mehr erlaubt:

Krankheitsbezogene Werbung, sogenannte Heilversprechen wie "Chrom hilft gegen Diabetes" sind für Nahrungsergänzungsmittel (und alle anderen Lebensmittel) grundsätzlich verboten (Art. 7 (3) LMIV). Denn Nahrungsergänzungsmittel ähneln zwar von der Aufmachung her Arzneimitteln, sind jedoch definitionsgemäß Lebensmittel, die die normale Ernährung allenfalls ergänzen können. Sie können ein durch Nährstoffmangel bedingtes Risiko für eine Erkrankung reduzieren, z. B. "Beta-Glucan aus Gerste verringert/reduziert nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut. Ein hoher Cholesterinwert ist ein Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung.", aber keinesfalls eine Krankheit heilen.

Generell dürfen die Aussagen nicht:

  • mehrdeutig oder irreführend sein, wie "Produkt xy schützt sie vor Arteriosklerose"
  • Zweifel über die ernährungsphysiologische Eignung normaler Lebensmittel wecken
  • zum Ausdruck bringen, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung generell nicht die erforderlichen Mengen an Nährstoffen liefern kann
  • durch eine Textaussage oder durch Bilder beim Verbraucher Ängste auslösen
     

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Werbung durch die Hintertür - Die Tricks der Anbieter

Die Hersteller nutzen viele Hintertürchen, um ihren Produkten trotz abgelehnter Health Claims einen "gesunden Anstrich" zu verleihen. Sie setzen Vitamine und Mineralstoffe ein, für die "passende" Aussagen erlaubt sind. So stecken in Cranberry-Präparaten nun zusätzlich Vitamin B6 oder Zink. Für sie kann der Hersteller einen Beitrag zur "normalen Funktion des Immunsystems" ausloben, auch wenn der Hinweis auf die "Stärkung der Blasengesundheit" verboten ist.

Allerdings sind Firmen relativ eng an die Formulierungen der Claims gebunden, Übertreibungen sind verboten. Ein "Beitrag zu einer normalen Funktion des Immunsystems" darf nicht zu einer "Stärkung des Immunsystems" werden. Mehr dazu finden Sie in diesem Beitrag (Video) auf unserem Portal Lebensmittelklarheit.

Vorsicht ist vor allem im Internet geboten. Denn die Betreiber von online-Shops, Marketplaces oder Meinungsportalen und auch auf Social Media interessieren die rechtlichen Vorschriften oft herzlich wenig. Sie setzen darauf, dass ihre Seiten der staatlichen Lebensmittelüberwachung nicht auffallen, berufen sich auf die Eigenverantwortlichkeit der Verkaufenden und Autor:innen oder entziehen sich dem Zugriff der Behörden durch Adressen, die nicht existieren, unvollständig sind oder außerhalb der EU liegen.

Insbesondere im Internet stehen die (unzulässigen) gesundheits- beziehungsweise krankheitsbezogene Aussagen zu Produkten häufig bei den Nutzerbewertungen. Diese sind vom Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Der Vertreiber ist für diese Äußerungen nicht verantwortlich, es sei denn, sie sind in seinem Auftrag entstanden. Laut Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. I ZR 193/18) trifft den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung für Bewertungen des Produkts durch Kunden. Vertreiber dürften diese (eigentlich nicht zulässigen) Aussagen aber natürlich kommentieren - was seriöse Vertreiber auch tun (sollten).

Gleiches gilt für Direct Mailing, Postwurfsendungen und Posts von Influencer:innen. Hier wird oft ungehemmt fabuliert und Wunderheilung versprochen. Auch vermeintliche Kundenbewertungen von Produkten in Online-Shops – selbst bei verfizierten Einkäufen - sind häufig "gekauft" und sollen den Eindruck erwecken, dass ein Produkt schon bei vielen anderen Personen Unglaubliches bewirkt hat. Seit 2022 ist der Verkauf von Nahrungsergänzungsmittel auf sogenannten Kaffeefahrten daher verboten.

Nicht zuletzt findet man in Zeitschriften auch geschickt positionierte Werbung, direkt neben einem passenden - (angeblich) redaktionell verfassten - Beitrag, in dem "zufällig" über diese spezielle Nährstoff- bzw. Zutatenkombination berichtet wird. Tatsächlich ist das sogar schon Fernsehärzt:innen ohne ihr Wissen passiert, sie wurden zitiert und dann in Zusammenhang gebracht mit einem Nahrungsergänzungsmittel. Für solche Schleichwerbung hat es schon für einige Redaktionen Rügen des Presserats gegeben. Rügen gab es auch schon wegen gravierender Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht - wenn nämlich in einem Artikel Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln angepriesen wurden, für die es keine wissenschaftlichen Beweise gab - beispielsweise in Bezug auf Corona.

Hier fühlten Verbraucher:innen sich getäuscht:

 

So erkennen Sie unseriöse Werbung - unsere Checkliste

  • Als Nachweis der Wirksamkeit werden konkrete Zahlen genannt, z. B. wie vielen Personen das Produkt angeblich bisher geholfen hat, um wie viel Prozent die Erkrankungsrate gesunken ist, in wie vielen Tagen die Heilung eintritt oder wie viele Kilogramm in wie viel Wochen abgenommen wurden. Kein Mensch gleicht dem anderen und reagiert individuell ganz unterschiedlich.
  • Das Märchen von Deutschland als Vitaminmangelland. Angeblich soll die jahrzehntelange Nutzung die Ackerböden ausgelaugt und zu vitamin- und mineralstoffarmen Lebensmitteln geführt haben. Ein Blick in wissenschaftliche Untersuchungen zeigt: Das stimmt so nicht.
  • Eine Zutatenliste oder andere wesentliche Kennzeichnungselemente für das Produkt fehlen.
  • Der Hinweis fehlt, dass das Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung ist.
  • Die versprochenen Wirkungen beziehen sich nicht auf eine Zutat des Produktes.
  • Die Angabe verspricht die Steigerung bzw. Förderung einer Körperfunktion über das normale Maß hinaus oder verbessert bzw. heilt eine Krankheit.
  • Wiederholte Hinweise auf die Herkunft des Produktes aus exotischen Regionen (etwa Regenwald, Himalaya).
  • Hilft angeblich, wo die Schulmedizin versagt (hat), speziell in ausweglosen Situationen.
  • Einzelne, angeblich persönliche Erfahrungsberichte sind als Beleg für die Wirksamkeit angeführt und gleichzeitig fehlen nachvollziehbare Daten aus kontrollierten klinischen Studien.
  • Wirkt angeblich gegen eine Vielzahl verschiedener Erkrankungen, die nichts miteinander zu tun haben, beispielsweise Akne, Aids, Diabetes, Krebs, Neurodermitis, Rheuma.
  • Wird als "ganz natürlich" angepriesen und soll frei von jedweder Nebenwirkung sein.
  • Lindert angeblich die Nebenwirkungen der Verfahren, die die Schulmedizin gegen die spezielle Krankheit einsetzt.
  • Soll in dieser Qualität nur zeitlich begrenzt oder nur bei "Beratern" dieser Firma erhältlich sein.
  • Wird angeblich schon seit Jahren/Jahrzehnten/Jahrhunderten mit Erfolg verwendet, ist aber offiziell von der Schulmedizin nicht anerkannt.

 

Downloads:

 


Quellen:


Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Stand: 13.12.2014

Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern. Stand: 17.05.2021

Verordnung (EU) Nr. 1048/2012 der Kommission vom 8. November 2012 zur Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe über Lebensmittel betreffend die Verringerung eines Krankheitsrisikos

Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel. Stand: 01.01.2018

Stiftung Warentest (2020): Manipulierte Sterne. Bewertungen im Internet. Stand: 23.06.2020 (abgerufen am 06.02.2023)

Achtung, Schleichwerbung. Übermedien, Stand 26.07.2022 (abgerufen am 06.02.2023)

Übersicht der Rügen des Presserats seit 1986 (abgerufen am 06.02.2023)

Bundesgerichtshof: Zur Haftung für Kundenbewertungen bei Amazon. Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 193/18

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