Nahrungsergänzungsmittel mit Chitosan sollen freies Fett binden, beim Abnehmen helfen oder den Cholesterinspiegel senken. Die Wirkung ist eher dürftig.
Das Wichtigste in Kürze:
- Für Nahrungsergänzungsmittel mit Chitosan gibt es keine wissenschaftlichen Beweise für eine effektive Gewichtsreduktion.
- Sofern nötig, werden Cholesterinspiegel mit einer Kostumstellung effektiver gesenkt.
- Für Personen mit einer Krusten- oder Schalentierallergie ist Chitosan tierischer Herkunft eher nicht geeignet.
Was verspricht die Werbung?
Fettblocker mit Chitosan werden heute als Pulver oder in Kapsel- bzw. Tablettenform in Supermärkten, Reformhäusern und Apotheken und meist als Medizinprodukte angeboten. Sie unterliegen damit nicht dem Lebensmittelrecht und wirken prinzipiell rein physikalisch. Das enthaltene Chitosan soll angeblich bis zum Achtfachen seines Eigengewichts an Nahrungsfett binden. Die gewünschte Wirkung wird aber nur zusammen mit einer kalorienreduzierten Ernährung erzielt; das Produkt alleine reicht nicht.
Es gibt aber auch Nahrungsergänzungsmittel, die Chitosan (Schalentier-Kutikula-Extrakt) enthalten. Diese werden allerdings weniger zur Gewichtsreduktion als vielmehr zu Cholesterinspiegelsenkung angepriesen.
Auf was muss ich bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln mit Chitosan achten?
Ganz wichtig: Tierisches Chitosan kann für Personen mit einer Krusten- oder Schalentierallergie gefährlich sein! Auf dem Produkt muss ein solcher Warnhinweis vorhanden sein. Auch Hausstaubmilbenallergiker sollten vorsichtig sein.
Durch die Blockade von Nahrungsfetten kann die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen und essentiellen Fettsäuren und auch von gleichzeitig eingenommenen Medikamenten (z.B. auch der Pille) verhindert werden. Bei Einnahme ist ein Abstand von mindestens vier Stunden (unter Umständen auch mehr) einzuhalten.
Wer akute Verdauungsbeschwerden oder Erkrankungen wie Refluxkrankheit (GERD, Refluxoesophagitis), Magen-Schleimhaut-Entzündung (Gastritis), Stoffwechselstörungen, Probleme mit dem Darm (Magen-Darm-Geschwüre, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Divertikulitis, Anzeichen eines Darmverschlusses (Ileus), Darmpolypen) hat, sollte auf chitosanhaltige Produkte besser verzichten.
Wenn Sie regelmäßig Medikamente wie Mittel gegen Epilepsie oder Blutverdünner (Vitamin-K-Antagonisten) nehmen müssen, sollten Sie vor der Verwendung mit Ihrem Arzt und am besten auch mit dem Apotheker (wegen der Hemmung bestimmter Medikamente) reden. Auch Menschen mit Diabetes sollten zuvor Rücksprache mit ihrem Arzt halten.
Die meisten Chitosanprodukte sind tierischer Herkunft. Möchten Sie Chitosan aus Pilzen einnehmen, sollten Sie auf den Hinweis "für Vegetarier/Veganer geeignet" achten.
Was ist Chitosan?
Chitosan stammt aus dem Griechischen und bedeutet Hülle oder Panzer. Chemisch gesehen ist es ein Polyaminosaccharid und wird auch als Polyglucosamin bezeichnet. Es wird aus Chitin gewonnen; Hauptquelle sind die Schalen von Garnelen und Krabben. Deswegen sollten Personen mit einer Krusten- oder Schalentierallergie besser keine Produkte mit Chitosan tierischer Herkunft nutzen. Im Prinzip ist Chitosan ein Abfallstoff aus der Lebensmittelindustrie (Schalen und Panzer von Krebsen, Krabben, Garnelen etc.) und dient normalerweise als Emulsionsstabilisator oder Bindemittel in Kosmetika.
Außerdem enthalten Pilze Chitin, einige auch Chitosan. Für Vegetarier und Veganer gibt es daher auch Produkte mit Chitosan, das nicht tierischen Urspungs ist.
Inwieweit Chitosan als Zutat in Nahrungsergänzungsmitteln in Deutschland überhaupt zulässig ist, ist rechtlich umstritten. In anderen EU-Ländern wie Österreich ist es erlaubt, so dass es auch hier im Zuge der gegenseitigen Anerkennung auf den Markt gebracht werden darf. Gegen einen chitosanhaltigen Pilzextrakt wäre aber vermutlich auch hier nichts einzuwenden.
Wie wirkt Chitosan?
Chitosan quillt auf und bildet ein leicht sättigendes Gel. An diese Gelstruktur werden ein Teil des Nahrungsfetts, andere fettlösliche Stoffe und Gallensäuren gebunden und unverdaut ausgeschieden.
Je nach Produkt sollen 20-25 g Nahrungsfett täglich gebunden werden können. Das wäre gerade ein Sechstel dessen, was Durchschnittsdeutsche pro Tag an Fett essen und damit zu wenig, um einen relevanten Effekt zu erzielenAuch ist unklar, ob das nur im Reagenzglas oder auch im Körper wirklich in diesem Umfang funktioniert.
In Tierversuchen wurden deutlich höhere Chitosan-Mengen verwendet, die bei Menschen etwa 20-25 g Chitosan pro Tag entsprechenwürden. Diese Studien können nicht als Wirksamkeitsbeleg dienen. In einer oft zitierten "erfolgreichen" Humanstudie mussten die Teilnehmer gleichzeitig eine Diät mit nur 950-1000 kcal einhalten. Möglicherweise sind bis zu 2 Kilogramm binnen 6 Monaten realistisch, langfristig reduziert sich das aber auf 500 Gramm. Studien von guter Qualität deuten auf eine fehlende Wirksamkeit. Diese Einschätzung teilt auch die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA). Daher darf auf Lebensmitteln wie Nahrungsergänzungsmitteln nicht damit geworben werden, dass Chitosan das Gewicht reduziert.
Das wissen auch die Hersteller. Und so stehen dann in der Gebrauchsinformation Formulierungen wie „in Verbindung mit einer ausgewogenen, fettnormalisierten Ernährung (60-80 g Fett/Tag) und Bewegung“ oder „zur Unterstützung einer Reduktionsdiät.
Da Chitosan Gallensäuren bindet, ist der Erhalt eines normalen LDL-Cholesterinspiegels (nicht die Senkung eines erhöhten Wertes) durch Einnahme von Chitosan möglich. Dafür ist laut EFSA die tägliche Zufuhr von 3 Gramm Chitosan nötig.
Quellen:
Mhurchu C Ni et al. (2004): The effect of the dietary supplement, Chitosan, on body weight: a randomised controlled trial in 250 overweight and obese adults. Int J Obesity 28: 1149-1156
Jull AB et al. (2008): Chitosan for overweight or obesity. Cochrane Review, Stand Juli 2008
Nebenwirkungen: Bedrohliche Interaktionen mit Chitosan. arznei-telegramm 41, 2010, S. 15-6, abgerufen am 21.08.2020
EFSA (2011): Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to chitosan and reduction in body weight (ID 679, 1499), maintenance of normal blood LDL-cholesterol concentrations (ID 4663), reduction of intestinal transit time (ID 4664) and reduction of inflammation (ID 1985). EFSA Journal 9 (6): 2214
Verwendung von Glucosamin und dessen Verbindungen in Nahrungsergänzungsmitteln. Stellungnahme Nr. 032/2007 des BfR vom 15.06.2007, abgerufen am 21.08.2020
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