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Sekundäre Pflanzenstoffe – warum sie wichtig sind

Stand:
Sekundären Pflanzenstoffen werden gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Worauf ist bei entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln zu achten?
Gemüse

Das Wichtigste in Kürze:
Auf die Dosis kommt es an!

  • Sekundäre Pflanzenstoffe sind in Gemüse, Obst, Kartoffeln, Kräutern, Gewürzen, Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkorn­produkten enthalten.
  • Im Verbund eines Lebensmittels werden ihnen verschiedene gesundheits­fördernde Eigenschaften zugeschrieben.
  • Inwieweit einzelne, isolierte Pflanzenstoffe in Form von Nahrungs­ergänzungsmitteln gesundheitsfördernd wirken, ist aufgrund mangelnder Datenlage nicht belegt. Mengenempfehlungen gibt es nicht.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät davon ab.
  • Dosisabhängig können isolierte Pflanzenstoffe negative Wirkungen haben, daher unbedingt die Verzehr­empfehlung des Herstellers beachten.
  • Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich.
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Was steckt hinter der Werbung zu sekundären Pflanzenstoffen?

Nahrungs­ergänzungsmittel mit "natürlichen Pflanzenstoffen" sollen das Immunsystem stärken, vor Herz-Kreislauferkrankungen schützen und die natürliche Schönheit von innen heraus optimal unterstützen. So pauschal und einfach wie das in der Werbung oft klingt, ist es aber nicht.

Sie sind bunt, duftend, aromatisch und vielfältig. Vermutlich gibt es bis zu 100.000 sekundäre Pflanzenstoffe, rund 10.000 davon kommen in unseren pflanzlichen Lebensmitteln vor. Wissenschaftlich identifiziert ist nur ein kleiner Teil davon. Und so wissen wir weder, ob und welche unser Körper braucht und wenn ja, wie viel davon, noch welche Aufgaben sie im Körper wahrnehmen. Studien beziehen sich bisher in der Regel auf Laborversuche an Zellkulturen, aus Tierstudien oder aus Beobachtungsstudien. Was man weiß ist, dass die Bioverfügbarkeit, sprich das was tatsächlich im Körper ankommt, meist nur zwischen 3 und 15 % liegt. Bei einigen Stoffen wie Phytoöstrogenen, Glucosinolaten oder Sulfiden ist es vermutlich etwas mehr.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Ergebnisse aus Beobachtungs­studien, die einen gesundheitsfördernden Einfluss von sekundären Pflanzen­stoffen auf das Risiko für die Entstehung verschiedener Krankheiten belegen. Die verschiedenen beobachteten Effekte sind:

  • an­ti­ox­i­da­tiv
  • an­ti­throm­bo­tisch
  • blut­druck­sen­kend
  • ent­zün­dungs­hem­mend
  • im­mun­mo­dul­ier­end
  • an­ti­bi­o­tisch
  • positiver Ein­fluss­ auf Gedächtnis, Denkleistung und Konzentration
     

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich diese positiven Ergebnisse auf die herkömmlichen Lebensmittel beziehen und nicht auf die daraus isolierten Stoffe bzw. Extrakte. Zu welchem Anteil der gesundheitsfördernde Effekt auf einzelne sekundäre Pflanzenstoffe oder bestimmte Muster an sekundären Pflanzenstoffen zurückzuführen ist, kann nicht gesagt werden.

Die Europäische Lebensmittel­sicherheitsbehörde (EFSA) hat die Studienlage zu der Wirkung einiger isolierter sekundärer Pflanzenstoffe (z. B. Polyphenole, Isoflavone, Carotinoide) untersucht und bei den meisten keinen wissenschaftlichen Beweis feststellen können. Eine gesundheits­fördernde Wirkung bei Gesunden wurde lediglich bei Phytosterinen zur Senkung des Cholesterinspiegels festgestellt, so dass hierfür gesundheitsbezogene Aussagen in der Werbung erlaubt sind.

Aktuelle Untersuchungen zeigen auch, dass beispielsweise Polyphenole (siehe unten) einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms haben. Der Darm verstoffwechselt nämlich die Polyphenole und deren Stoffwechselprodukte wiederum beeinflussen, welche Bakterien sich im Darm ansiedeln.

Isolierte Pflanzenstoffe oder Obst- und Gemüseextrakte mit "natürlichen Pflanzenstoffen" in Form von Nahrungs­ergänzungsmitteln sind keine Alternative zu frischen Lebensmitteln.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von sekundären Pflanzenstoffen achten?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät wegen gesundheitlicher Risiken von der isolierten Zufuhr einzelner sekundärer Pflanzenstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ab.

Die Aussage "Natürliche Pflanzenstoffe" bedeutet nicht gleich, dass das Nahrungs­ergänzungsmittel, in dem sie enthalten sind, sicher und gesundheitsfördernd ist. Einige sekundäre Pflanzenstoffe sind für den menschlichen Körper bereits in geringen Mengen giftig (z. B. die Alkaloide Nikotin und Morphin, Blausäure), lebertoxisch wie die Pyrrolizidinalkaloide oder berauschend wie THC und daher nicht als Lebensmittelinhaltsstoff geeignet. Einige Pflanzenstoffe können dosisabhängig negative Wirkungen haben (Bsp. Beta-Carotin oder Piperin). Quercetin, ein gelb-grüner Farbstoff z.B. in Kapern, grünem Tee, grünen Gemüsen, Zitrusfrüchten, dunklen Trauben und Beeren, hemmt den Abbau von Alkohol in der Leber, durch ein toxisches Zwischenprodukt kommt es zu Kater-Erscheinungen.

Bisher ist weder bekannt, welche Stoffe in welchen Mengen und in welcher Kombination aufgenommen werden sollten, noch welches die langfristigen Auswirkungen größerer Mengen isolierter Stoffe sind, sprich wie sicher diese sind. Phytinsäure/Phytat aus Getreide beispielsweise hemmt die Zinkaufnahme. Auch über die Bioverfügbarkeit insbesondere von isolierten Stoffen (Extrakten) ist wenig bekannt. Nicht zuletzt sind (harmlose) Verfärbungen des Urins oder des Kots durch diese Stoffe möglich.

Daher sollten Sie beim Kauf von Produkten mit "natürlichen Pflanzenstoffen" auf Folgendes achten:

  • Beachten Sie die Verzehrsempfehlung (Dosierung) des Herstellers, keinesfalls mehr nehmen, da die Sicherheit dann nicht mehr gewährleistet ist.
  • Keine Dauereinnahme, da die Sicherheit bisher nicht abgeschätzt werden kann.
  • Seien Sie besonders kritisch bei Produkten aus dem Internet oder aus dem Nicht-EU-Ausland.
  • Im Zweifel holen Sie sich bitte ärztlichen Rat oder fragen Sie uns.
  • Seien Sie besonders vorsichtig, wenn Sie Medikamente nehmen müssen, fragen Sie in Ihrer Apotheke nach möglichen Wechselwirkungen.
  • Vergessen Sie nicht, beim Arztbesuch von der Einnahme dieser Nahrungsergänzungsmittel zu erzählen, insbesondere wenn Blut oder Urin untersucht werden soll.

Tipps: 
Um in den Genuss der Vielzahl an sekundären Pflanzenstoffen zu kommen, essen Sie möglichst farbig und nutzen Sie die ganze Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln.
Rote, orange, gelbe, blaue Früchte und Wurzelgemüse, grüne und violette Blattgemüse oder Salate machen Appetit.
Sekundäre Pflanzenstoffe finden sich oft in den Randschichten, schälen Sie Gemüse und Obst daher nur, wenn es unbedingt nötig ist.
Nüsse und Samen sind knackige Toppings oder leckere Knabbereien.
Verzehren Sie möglichst zu jeder Mahlzeit verschiedene Gemüse- und Obstarten, probieren Sie die Vielfalt der Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte, verwenden Sie Kräuter und Gewürze.

Was sind sekundäre Pflanzenstoffe?

Sekundäre Pflanzenstoffe sind Farb-, Duft- und Aromastoffe in Pflanzen. Sie haben Aufgaben wie etwa das Anlocken von Insekten und das Abwehren von Schädlingen. Enthalten sind sekundäre Pflanzenstoffe in Gemüse, Obst, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Nüssen sowie Vollkornprodukten. Zusammen mit den eigentlichen Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß, Fett, Stärke und Zucker, die den Hauptbestandteil der Pflanzen ausmachen, bestimmen sie den gesundheitlichen Wert pflanzlicher Lebensmittel. Sie sind meist nur in geringen Mengen enthalten und haben pharmakologische Wirkungen.

Bislang sind etwa 100.000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe bekannt, wobei ca. 10.000 in der menschlichen Nahrung vorkommen. Vielen bekannt ist das Sulfid Allicin aus dem Knoblauch, welches für den Geruch verantwortlich ist. Oder das Carotinoid Lycopin, es gibt den Tomaten die rote Farbe. Bekannt sind  Monoterpene wie die Duftstoffe der Pfefferminze (Menthol), von Kümmel (Carvon) oder der Zitrusfrüchte. Viele kennen Anthocyane, dunkelviolette Farbstoffe in Rotkohl, Kirschen oder Superfoods wie Haskap-Beere und Aronia. Ihnen ist sicherlich auch das Chlorophyll der grünen Pflanzen bekannt, das chemisch gesehen dem Blutfarbstoff Häm sehr ähnlich ist. Chlorophyll enthält Magnesium statt des Eisens und wird gerne in Form von Weizengras-, Spirulina- oder Chlorella-Nahrungsergänzungsmitteln verkauft. Es ist aber in allen grünen Salaten und Gemüsen enthalten. Beliebt sind auch die gelben Farben von Curry, eigentlich eine Gewürzmischung mit Kurkuma, und von Safran.

Welche sekundären Pflanzenstoffe kennt man?

Hier die wichtigsten, in der menschlichen Ernährung nützlichen sekundären Pflanzenstoff-Gruppen. In Klammern dahinter die durchschnittliche Zufuhr:

  • Carotinoide (gelbe, orange oder rote Farbstoffe wie Beta-Carotin, Astaxanthin, Zeaxanthin, Lykopin in Möhren, Paprika, Spinat, Grünkohl, Aprikosen, Kürbis, Melone, Tomate, Mais) (5-6 mg/Tag)
  • Polyphenole wie OPC / Resveratrol sowie Phenolsäuren (Kaf­fee, Tee, Weizenvoll­korn­pro­duk­te, Nüs­se, Grünkohl) (200-300 mg/Tag)
  • Flavonoide (hellgelbe, rote, blaue Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel, Beeren, Rotkohl, rote Bete, Rotwein, Grüntee, schwarzer Tee, Kakao, Sellerie, Zwiebeln, Endivien) (50-100 mg/Tag)
  • Glucosinolate (in Kohl, Kohlrabi, Steckrübe, Sauerkraut, Rettich, Radieschen, Senf, Kresse, Raps) (< 50 mg/Tag)
  • Monoterpene (Zitrusfrüchte, Weintraube, Aprikose, Minze, Kümmel, Koriander, ätherische Öle) (unbekannt)
  • Phytoöstrogene wie Isoflavone, Lignane und Coumestane (Soja-Isoflavone, Rotklee, Kudzu, Leinsamen, Vollkorngetreide, Weizenkleie) (< 5 mg/Tag)
  • Phytosterine/Phytosterole (Nüsse, Sonnenblumenkerne, Sesam, Hülsenfrüchte, Soja)
  • Saponine (Hülsenfrüchte, Hafer, Spargel, Spinat, Soja, Lakritz) (< 15 mg/Tag)
  • Sulfide (in Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, Schnittlauch) (unbekannt)
  • Proteaseinhibitoren (Hülsenfrüchte, Vollkornerzeugnisse, Nüsse) (300 mg/Tag)
  • Phytate (Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Kartoffeln) (unbekannt)

Sekundäre Pflanzenstoffe können jedoch für den Menschen auch giftig bzw. gefährlich sein. Ein bekanntes Beispiel sind die lebertoxischen Pyrrolizidinalkaloide, aber auch das unter anderem in Waldmeister enthaltene Cumarin. Über weitere natürliche Schadstoffe berichten wir in diesem Artikel.

Mehr über "Natürliche Abwehrkräfte" (von Pflanzen) erfahren Sie in diesem Beitrag des Bundesinstituts für Risikobewertung.

 

Quellen:


Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit. Fachinformation (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

DGE aktuell (2015): Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkungen auf die Gesundheit: Farbenfrohe Vielfalt mit Potenzial Presseinformation: Presse, DGE aktuell 06  (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

UGB (2013): Sekundäre Pflanzenstoffe: Substanzen mit vielen Unbekannten (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Watzl B (2011): Fundort Pflanzenzelle. Einführung in Vorkommen, Eigenschaften und Wirkungsweise sekundärer Pflanzenstoffe. Aktuel Ernahrungsmed 36, Supplement 1: S2–S5 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Knies JM (2019): Sekundäre Pflanzenstoffe. Teil 1: Stoffklassen, Funktionen und Vorkommen. Ernährungs Umschau 66 (4): M214-M221

Knies JM (2019): Sekundäre Pflanzenstoffe. Teil 2: Bioverfügbarkeit, Einfluss von Verarbeitung und Zufuhr sowie Gesundheitseffekte. Ernährungs Umschau 66 (9): M546-M554

BZfE (2022): Die bunte Welt der sekundären Pflanzenstoffe, Stand: 13.12.2022 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

BfR2GO, Ausgabe 2/2023, Schwerpunkt: Pflanzeninhaltsstoffe, Dezember 2023 (zuletzt abgerufen am 18.12.2024)

Hu J et al. (2024): (Poly)phenol-related gut metabotypes and human health: an update. Food & Function, first published 19.02.2024

Devi A et al. (2023): Inhibition of ALDH2 by quercetin glucuronide suggests a new hypothesis to explain red wine headaches. Nature Scientific Reports 13: 19503

Hahn A et al. (2023): Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Kapitel 10. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 4. Auflage, 2023

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